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BMUV und BMZ fördern gemeinsam den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in der Ukraine

Gruppenfoto der ukrainischen und deutschen Teilnehmenden der Studienreise

Mit Unterstützung der GIZ im Auftrag der Exportinitiative Umweltschutz wurde in der Ukraine der Abfallzweckverband EcoService 2022 von Kommunen in der Region Poltawa gegründet. Im Dezember 2023 fand eine Studienreise statt, in der das ukrainische Personal Einblicke in die deutsche Kreislaufwirtschaft erhielt.

Im Rahmen der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten Projektaktivitäten bekam eine ukrainische Delegation während einer vom Bergischen Abfallverband (BAV) organisierten Studienreise umfassende Einblicke in die deutsche Kreislaufwirtschaft. Ziel ist es, in der Ukraine eine geordnete Abfallwirtschaft als Grundlage für eine künftige Kreislaufwirtschaft aufzubauen.

Die BMUV Exportinitiative Umweltschutz (EXI) unterstützt vier Gemeinden in der ukrainischen Region Poltawa beim Aufbau einer funktionierenden Abfallwirtschaft. Ein wichtiger Ansatz ist dabei die interkommunale Zusammenarbeit. Die Gemeinden Hrebinka, Nowoorzhyzke, Pyrjatyn und Tschornuchy haben im November 2022 ein gemeinsames kommunales Unternehmen namens EcoService 2022 gegründet. Sie bündeln damit ihre Ressourcen und erhöhen Qualität und Wirtschaftlichkeit kommunaler Dienstleistungen. Die Kosten pro Tonne Abfall, die in einem regionalen System entsorgt werden, sind für alle teilnehmenden Einheiten niedriger als die Kosten, die jede Einheit für ihre eigenen Dienstleistungen aufwenden müsste. Trotz des anhaltenden russischen Angriffskriegs nahm EcoService 2022 im Mai 2023 seine Tätigkeit auf und erhielt dafür im Vorfeld, mit Unterstützung der EXI, Ausrüstung aus Deutschland und der Ukraine.

Karte von Poltawa: Die Gemeinden Hrebinka, Nowoorzhyzke, Pyrjatyn und Tschornuchy liegen im Oblast Poltawa.

Größere Wirkung durch ergänzende Projektaktivitäten von BMUV und BMZ

Bis zum Ende der Projektlaufzeit (März 2025) unterstützt die GIZ im Auftrag der BMUV EXI den Aufbau der notwendigen personellen und institutionellen Kapazitäten durch fachliche Beratung und Training vor Ort. Ergänzend dazu fördert die „Betreiberplattform zur Stärkung von Partnerschaften kommunaler Unternehmen weltweit“ eine Partnerschaft zwischen dem BAV und EcoService 2022. Die Betreiberplattform ist ein Pilotprojekt und wird seit Juli 2019 im Auftrag des BMZ als Kooperationsprojekt der GIZ und Engagement Global mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) umgesetzt.

Die Betreiberplattform hat das Ziel, praxiserprobtes Wissen sowie fachliche und institutionelle Kompetenzen deutscher kommunaler Betreiber für ihre Kolleginnen und Kollegen in Partnerländern zugänglicher zu machen und einen gegenseitigen Austausch zu gemeinsamen Herausforderungen wie Klimawandel, Urbanisierung und Digitalisierung zu fördern. In der Pilotphase des Projekts bis Juni 2024 bestehen insgesamt 29 Betreiberpartnerschaften im Abfall- und Wassersektor mit dem Ziel, langfristige Strukturen aufzubauen. 

Die Delegation besuchte verschiedene Sortier- und Verwertungsanlagen.

Auftakt der Betreiberpartnerschaft zwischen dem Bergischen Abfallwirtschaftsverband und EcoService 2022

Der BAV und der Innovationsstandort :metabolon sind seit September 2023 mit EcoService 2022 aus der Region Poltawa eine Betreiberpartnerschaft im Bereich der kommunalen Kreislaufwirtschaft eingegangen. Im Rahmen der Betreiberpartnerschaft kam eine ukrainische Delegation aus Poltawa zu einer 5-tägigen Studienreise nach Deutschland. Ziel war es u.a. gute partnerschaftliche Beziehungen zu etablieren, thematische Schwerpunkte der Partnerschaft zu präzisieren und priorisieren sowie einen Arbeitsplan zu erstellen. Unter den Delegierten waren Vertreterinnen des Ministeriums für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und der Infrastruktur der Ukraine; der militärischen Oblast-Verwaltung Poltawa; der Stadtverwaltung Pyrjatyn; die Bürgermeister der vier Gemeinden, Expert*innen aus dem Abfallsektor. Weiterhin waren Mitarbeiter*innen des BMUV Referats G II 4 und der GIZ vertreten.

Landrat Jochen Hagt und Frau Lichtinghagen-Wirths, Geschäftsführerin des BAV, stellten die Wirtschaftsförderung im Oberbergischen Kreis und die Arbeit des BAV als Zweckverband des öffentlichen Rechts vor. Besonders die tagtägliche Organisation der Abfallsammlung, Abfallbehandlung und Wertstoffrückgewinnung sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden thematisiert. Weiterhin wurden die kommunalen Strukturen der Abfallwirtschaft, Gebührenstrukturen und Abfallberatung für Bürgerinnen und Bürger besprochen. 

Weitere wichtige Programmpunkte waren die Präsentationen der ukrainischen Partner über die aktuelle Situation in der Ukraine sowie über den Aufbau und das Aufgabenspektrum von EcoService 2022 und ein Ausblick in die Zukunft.

Die Teilnehmenden erfuhren mehr über die thermische Verwertung von Abfällen.

Abfallvermeidung und Recycling „Made in Germany“

Neben diversen Vorträgen im Schulungszentrum des Innovationsstandorts :metabolon erhielt die Delegation einen praktischen Einblick in verschiedene Sortier- und Verwertungsanlagen im Oberbergischen und Rheinisch-Bergischen Kreis in Nordrhein-Westfalen. In der Recyclinganlage Lobbe besichtigte die Gruppe die Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen als Teil des Dualen Systems in Deutschland. Rückgewinnung und Recycling von Wertstoffen aus den Abfallströmen ermöglichen es den Verbrauch von Primärressourcen und fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Erste Ansätze zur Sammlung und zum Recycling von Wertstoffen sind in der Ukraine bereits umgesetzt und sollen über die Betreiberpartnerschaft weiter ausgebaut werden.

In der Hausmüllverbrennungsanlage in Leverkusen wurde gezeigt, wie nicht verwertbare Siedlungsabfälle thermisch verwertet und von der AVEA GmbH & Co KG in Wärme und Strom für die Bürger*innen der Stadt Leverkusen umgewandelt werden.

Nach der Verbrennung von Hausmüll werden noch enthaltende wertvolle Metalle sortiert und aufbereitet. Die verschiedenen Sortiertechniken konnte die Gruppe am Innovationsstandort :metabolon sehen, wo die Firma Refer GmbH jährlich ca. 125.000 Tonnen sortiert, um Eisen- und Nichteisenmetalle zurückzugewinnen. Auch Bioabfallbehandlung, Sickerwasserreinigungsanlagen und Deponiegasverwertung wurden als Praxisbeispiele gezeigt und diskutiert. Die getrennte Sammlung von Bioabfällen ist in der Ukraine noch nicht verbreitet und bietet zukünftig eine große Chance zur Reduzierung der zu deponierenden Abfallmengen, bedarf aber eines umfassenden Fachaustausches und Technologietransfers.

Vor Ort erfuhren die Teilnehmenden mehr über die deutsche Kreislaufwirtschaft.

Der BAV stellte auch seine Kommunikationsarbeit vor - denn die beste Technologie bringt nichts, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht informiert und zur richtigen getrennten Sammlung angeregt werden. 

In den kommenden Monaten wird der BAV den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in der Region Poltawa weiterhin fachlich begleiten. Soweit die Sicherheitslage es zulässt, ist geplant im nächsten Jahr weitere praxisorientierte Austauschmöglichkeiten für den Wissenstransfer zu organisieren.

Die durch BMUV und BMZ geförderten Projekte ergänzen sich beim fachlichen Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch, sodass die Maßnahmen eine größere Wirkung entfalten können. Eine verbesserte Abfallwirtschaft in Poltawa führt zu mehr Umweltschutz, eine nachhaltige Stadtentwicklung und steigert die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger der vier Gemeinden. Das Pilotprojekt ist ein Vorbild für den ganzen Oblast und andere ländliche Regionen in der Ukraine.